Ludwig Meidner Signatur
LUDWIG MEIDNER GESELLSCHAFT

WERKPHASEN IM BILDNERISCHEN SCHAFFEN
VON LUDWIG MEIDNER

Frühwerk, 1905 – 1906

ludwig meidner - rue lamarck montmartre 1906

Das Frühwerk zeigt stimmungsvolle Natur- und Stadtlandschaften im Stil des französischen Impressionismus, den er in Berlin (Kunstsalon Paul Cassirer) und anlässlich eines knapp einjährigen Paris-Aufenthalts kennenlernen und studieren konnte. Er verknüpft Pleinairmalerei mit fauvistischer Farbigkeit.

 

ludwig meidner - gasometer in berlin-wilmersdorf

Nach Berlin zurückgekehrt, erweitert sich seine Motivwahl auf Plätze, Straßen, Caféhäuser und Vorstadtansichten sowie auf Bauwerke, die den technischen Fortschritt dokumentieren (Gasometer, Fabrikschlote, etc.). Seine Zeichnungen zeigen einen weichen, fließenden Strich, die Gemälde eine gedämpfte Farbskala, fein nuanciert, ohne koloristische Effekte, großflächig bearbeitet.


Zwischen Apokalypse und Offenbarung, 1911-1920

ludwig meidner - das eckhaus

Meidner bricht radikal mit seinem bisherigen Schaffen. Er verarbeitet in seinem Werk Elemente des italienischen Futurismus, des französischen Kubismus, sowie des Orphismus von Robert Delaunay. Sich in prismatisch geometrische Elemente zergliedernde Architektur, unterschiedliche Perspektiven wiedergebende, zusammenstürzende Linien führen zu einer Dynamisierung und Dramatisierung des bildnerischen Geschehens.

ludwig meidner - apokalyptische landschaft 1912

Häuser und Stadtlandschaften werden nicht mehr als statisch geordnete Architektur dargestellt, sondern zeigen ein apokalyptisches Bedrohungszenario.

 

ludwig meidner - bombardement einer stadt 1913

Mit Gründung der Gruppe der 'Pathetiker' (1911) verdeutlicht Meidner das programmatische Ziel seiner Kunst:
‚Den Bildern einen großen erregenden Inhalt geben, nicht nur ästhetische Bedürfnisse einer kleinen elitären Schicht befriedigen'.

ludwig meidner - bombardement einer stadt 1913

Entsprechend die Themen: die Vereinsamung des Menschen in der Großstadt, die Sintflut, der Prophet, der Weltuntergang, der Krieg.

 

Meidners expressionistischer Stil findet auch Eingang in eine Reihe großartiger Selbstportraits, Portraits von Künstlerfreunden und Berühmtheiten des Berliner Kulturlebens. Sie begründen Meidners Ruf als überragenden Portraitisten.

ludwig meidner - potsdamer platz 1918 ludwig meidner - portrait uli nimptsch 1919

Die Malerei als Gebet, 1920-1938

ludwig meidner - schrei vor tag

Nach dem 1. Weltkrieg verändert sich Meidners weltanschauliche Einstellung vom revolutionären Atheisten zum gottgläubigen orthodoxen Juden.
Diese Veränderung spiegelt sich in den thematischen Bezügen und in der stilistischen Ausformung seines Werkes. Die zahlreichen Selbstportraits, die zeitlebens sein Werk bestimmen, wandeln sich zu religiösen Selbstbekenntnissen – als jüdischer Beter, als verkleideter Prophet, als Schriftgelehrter.

Männerkopf mit Tallith 1929

Der bewegte expressionistische Duktus seiner Hand beruhigt sich, die Linienführung, namentlich in seinen Papierarbeiten, wird kleinteiliger, feiner. Das Werk findet zu Ruhe und Gelassenheit. Meidner nimmt Abschied von apokalyptischen Pathosformeln der Kriegs- und Vorkriegszeit.


Asyl in England, 1939-1952

ludwig meidner - der wettlauf 1947

In Deutschland als jüdischer Künstler gebrandmarkt, sein Werk als entartet zur Schau gestellt und diffamiert, findet Meidner in der englischen Emigration zu kunsthistorisch noch weitgehend unerforschten neuen Ausdrucksformen. Es dominieren die Zeichnung und das Aquarell. Gesellschaftskritische Zyklen mit teils skurrilen, humoristischen Darstellungen zeigen eine geistige Nähe zum Werk von William Hogarth und Honoré Daumier.


Spätwerk, 1952 - 1966

ludwig meidner - Junge Frau in gelber Bluse

1952 kehrt Meidner aus dem Englischen Exil nach Deutschland zurück. Er findet Zuflucht in dem kleinen Taunusstädtchen Hofheim, wo er bis zu seinem letzten Umzug nach Darmstadt (1963), wie er schreibt‚ 'die glücklichsten Jahre' verlebt.

 

 

ludwig meidner - selbstbildnis 1954

Er widmet sich nunmehr fast ausschließlich der Malerei in Öl – eine ihm in den Jahren des Krieges aus Mangel an entsprechender Farbe verwehrte Ausdrucksform - und der Zeichnung. Portraits von Besuchern, Freunden und Schülern, aber auch Prominenten des politischen Lebens, sowie Stillleben bestimmen das motivische Geschehen. Begründet in seiner nunmehr explizit naturalistischen Malweise gerät er angesichts der vorherrschenden abstrakt malenden Avantgarde der deutschen Nachriegskunst ins Abseits, während im Gegensatz hierzu sein einzigartiges expressionistisches Werk zunehmend wieder ins kulturelle Bewusstsein rückt.

Meidner erfährt als herausgehobener Repräsentant des deutschen Expressionismus zahlreiche Ehrungen und öffentliche Würdigungen. Er stirbt 1966.

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ENGLISH VERSION

Bilder zum Vergrößern bitte anklicken
Rue Lamarck in Montmartre, 1906
Aquarell, 44,5x33 cm
Gasometer in Berlin-
Wilmersdorf, 1911
Öl auf Leinwand, 67x80 cm
Das Eckhaus (Villa Kochmann,
Dresden), 1913
Öl auf Leinwand auf Pappe,
97,2x78 cm
Apokalyptische Landschaft, 1912
Öl auf Leinwand. 94x109 cm
Bombardement einer Stadt, 1913
Tusche, Tempera und
Bleistift auf Papier, 45x56 cm
Barrikadenkampf, 1912
Öl auf Leinwand, 80x116 cm
Potsdamer Platz
Aus der Mappe
"Straßen und Cafés", 1918
Lichtdruck nach einer Zeichnung,
37x29 cm
Portrait Uli Nimptsch, 1919
Kaltnadel
Schrei vor Tag, 1920
Wasserfarben und Gouache
über Bleistift auf Karton.
64,4x50,5 cm
Männerkopf mit Tallith, 1929
Schwarze Kreide auf Papier.
80,5x56,6 cm
Der Wettlauf, 1947
Kohle/Aquarell, 55,9x70 cm
Junge Frau in gelber Bluse, 1962
Öl auf Malkarton, 80x60 cm
Selbstbildnis, 1954
Öl auf Malkarton, 69x52,5 cm

© Ludwig Meidner Gesellschaft 2015